back in Switzerland

Heute bin ich genau zwei Woche wieder auf europäischen Boden – ganz ehrlich, der Kulturschock scheint mir fast grösser als bei meiner Ankunft in Senegal. Obwohl ich «nach Hause» zu meiner Familie und meinen Freunden in die Schweiz zurückkehrte, fühlte es sich eher so an, als hätte ich gleichzeitig eine andere Familie verlassen. In meiner jetzigen Reintegrationszeit ertappe ich mich immer wieder beim Tagträumen. Dabei sehe ich vor mir nochmals die hüftenschwingende Patientin, welche ihre Schmerzen beim Tanzen komplett zu vergessen scheint, schmecke das fantastische senegalesische Reisgericht von unserer Schiffsköchin, spüre an meinem Finger die kleine Hand des Patientenjungen, der mich bei Schichtende jeweils nicht gehen lassen wollte, höre das rhythmische Klatschen zu den Trommeln, wenn nachmittags wieder Deck 7-time war und rieche die salzige Meeresluft vermischt mit undefinierbaren Nuancen des Hafens. Ich vermisse all die unterhaltsamen und gleichzeitig tiefen Gespräche um Mitternacht in der Dininghall und all die lebhaften, überfüllten und chaotischen Strassen mit den Frauen in bunten afrikanischen Kleidern und ihren zuckersüssen Babies auf dem Rücken. Keine Frage, ich geniesse die wunderschöne Schweiz. Die fast endlosen Freiheiten, die unglaubliche Sauberkeit, die überaus grosse Sicherheit, die absolut pünktlichen ÖV-Verbindungen, die langen Sommerabende und die mit aller Kraft blühende Natur. Und doch wirkt im Gegensatz alles so still, leer und steril.


Trotz aller Wehmut bin ich aber auch erfüllt von riesiger Dankbarkeit. Es wird einem wieder einmal so richtig bewusst, wie privilegiert wir sind – einfach weil wir hier geboren sind. Die kleinsten Dinge fallen einem plötzlich auf. Das selbstverständliche Trinkwasser, die funktionierenden Toiletten, die Möglichkeit alleine im Dunkeln durch die Strassen zu laufen oder den Überfluss an Essen. Besonders wenn ich an die Geschichte des einen Übersetzers denke, welcher als Jugendlicher sein spärlich und hartverdientes Geld anstatt zum Essen kaufen für sein Studium gespart hatte oder die einen Krankheiten welche ganz simpel mit Antibiotika hätten geheilt werden können, wenn die Menschen nur Zugang zur Medizin hätten, dann fühlen sich die «Probleme» hier in der Schweiz so frustrierend an. Sie wirken so banal und doch gehört diese Relation unumgänglich zum Leben dazu. Ich sehe aber auch wie Reichtum auch zum Verhängnis werden kann, dass beispielsweise die Menschen in Europa nicht unbedingt glücklicher sind, nur weil sie mehr besitzen oder sehe die «innere» Armut mit den psychischen Belastungen, dem gesellschaftlichen Druck und der Unzufriedenheit.  Und ich verstehe irgendwie auch, dass man in dieser heilen Welt keinen Gott bräuchte – da es scheint, als wäre man ganz unabhängig für sein eigenes Glück verantwortlich.


Während ich diesen letzten Blogeintrag schreibe, steigen mir ohne es zu wollen Tränen in die Augen. Nicht weil ich nun keinen Blog mehr zu schreiben habe, sondern weil mir der Abschied dieses Einsatzes so endgültig vorkommt. Natürlich kann ich jederzeit wieder zurück – aber die Patienten werden nicht mehr die gleichen sein, die Zusammensetzung der Crew wird sich verändert haben, das Land wird mir unbekannt und die Übersetzer, sowie die Sprachen werden andere sein.
Ich hätte auch noch so viel mehr zu schreiben oder erzählen, aber denke dass ich nun zu einem Ende komme. Bevor ich nun diesen Blog abschliesse, möchte ich einfach noch DANKE sagen. Allen Blogleserinnen und -leser, die lieben Rückmeldungen, das Mittragen in Gebeten, das ehrlich interessierte Nachfragen, die offenen Ohren und besonders auch meinen geduldigen Freunde, wenn ich mal wieder nicht aufhören kann von Afrika zu schwärmen.